Nudelauflauf

30. September 2013

Das Oberhaupt des größten italienischen Kohlehydrat-Konzerns Barilla, Guido Barilla, legt keinen Wert auf Kunden gleichgeschlechtlicher Gesinnung und sorgte mit seiner Meinung über Homosexualität und Firmenkultur und für einen Aufschrei.

Nanu, wie das?

Signore Barilla machte sich letzte Woche in einem Rundfunk-Interview [des Senders Radio24] für die „heilige Familie“ stark – ein „zentraler Wert“ seines Unternehmens, wie er betonte. Soweit so gut. Die Frage nach „gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften“, beantwortete Barilla ähnlich inheterogen und löste mit dieser seiner vatikannahen Position innerhalb weniger Stunden einen webweiten Sturm der Entrüstung aus: Schwulen- und Lesbenverbände riefen zum großen Barilla-Boykott auf. Ad Busters machten die Runde [aus Penne wurde Penner], Food-/Blogger und Journalisten teilten auf Facebook und Twittter die Statements im Minutentakt – ein Aufschrei, ja, ein wahrer Nudelauflauf brach über den norditalienischen Firmensitz in Parma herein. Fotos von demonstrativ entsorgten Barilla-Produkte machten die Runde, wütende Boykott-Aufrufe wütender Organisationen und millionenweite Solidaritätsbekundungen. Die von Steffi Graf einst über ihren Tennisschläger abgeseihte Kommerz-Nudel, wurde innerhalb weniger Stunden zur großen Anti-Pasta genderübergreifender Lebenskonzepte.

Die Firmenleitung bemühte sich eiligst, die Aussagen des Familienoberhauptes zu relativieren und sie als Missverständnis zu deklarieren, quasi zu deklinieren. Guido Barilla habe „großen Respekt vor Homosexuellen und respektiere die Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare“, nur das „Adoptionsrecht“ möchte er nicht befürworten. Er wollte eigentlich nur die „zentrale Rolle der Frau innerhalb der Familie herausstellen“.

Tja, dumm gelaufen.

Dass Männer und Frauen gleichgeschlechtlicher Präferenz in der Regel ein besonders inniges Verhältnis zu ihren Müttern pflegen, scheint den Unternehmer nicht zu kümmern.. Guido Barilla hat sich und seiner Familie einen Bärendienst erwiesen. Seine Haltung könnte von großer Nachhaltigkeit gekrönt sein und schwerwiegende Folgen für das Unternehmen haben. Er hat sich ein Eigentor von gesellschaftspolitischer [und unternehmerischer] Relevanz geschossen. Die Web-Community wird sich solidarisch zeigen und ihre Penne all arrabiata künftig mit Nudeln eines anderen Herstellers auftischen. Sie wird sich outen und sämtlichen Produkten des homophoben „Familienfreund“ den Rücken kehren – und das ist auch gut so.