Werbetext im Business-to-Business Marketing

15. März 2020

Kommen Ihnen die Formulierungen in Business-to-Business Werbetexten immer bekannt vor? 

„Sehr geehrte Damen und Herren, profitieren Sie von unseren kürzeren Lieferzeiten und den neuesten technologischen Entwicklungen von Morgen. Unsere Experten informieren kompetent und höchst professionell über exklusivste Technik. Neue Innovationen und höchste Sicherheitsstandards sind unsere Erfolgsformel.“ „Schaffung eines EDV-gestützten Systems für eine anforderungsgerechte Übermittlung und Verarbeitung des warenbezogenen Informationsflusses. Mit dem Abbau der Lagerhaltung im Zuge der logistischen Optimierung wachsen Risiken und Störanfälligkeit der Produktionsprozesse.“ „Bork ist eine neue, leistungsfähige Komplettlösung für anspruchsvolle Umgebungen. Bork kombiniert die Vorteile der Grid-Technologie mit den Hardware- und Softwarekomponenten zur Effizienzsteigerung im dynamischen Daten Center zu einem einzigartigen und kostenreduzierenden Komplettangebot für dynamische IT.“ 

Werden Sie schon müde? 

Ja, 90 Prozent der deutschen Werbetexte im Business-to-Business Bereich sind langweilig und Bullshit. „Aber das kann doch nicht sein! Die Verfasser sind Experten, Journalisten und Werbetexter.“ Ja, aber nicht jeder Klempner ist gut. Nur die Tatsache, dass Texte veröffentlicht werden, bedeutet nicht, dass sie gut sind, und es bedeutet ebenfalls nicht, dass sie wirken. Viele Werbetexte sind festgefahren. Ein Werbe-Jargon hat sich eingeschlichen, der in der Fülle von Nachrichten untergeht. Alles Bullshit. Zeit für Veränderung. 

Bullshit Bingo für Business-to-Business Werbetexte

Besser als Bullshit ist nur Bullshit Bingo. Nehmen Sie einen beliebigen Ursprungstext aus Ihrer Schublade, den sie freigeben sollen. Bevor Sie ihn lesen, schreiben Sie die 10 Worte und Wortkombinationen auf, die am wenigsten aussagen, unverständlich, bildleer, wichtigtuerisch und typisch für Ihre Branche sind. So genannte Worthülsen, Floskeln oder Phrasenschweine. Dieser Bullshit kann Moden unterliegen oder branchenspezifisch sein. Er ist schlicht unverständlich, hohl oder trendy. Immer wenn eine Wortkombination im B2B-Text auftaucht streichen Sie diese aus dem Text. Bei jedem Treffer rufen Sie „Bingo!“

Fangt das Phrasenschwein im B2B-Text ein

Floskeln, Worthülsen, bedeutungsleere Fremdwörter, abgedroschene Phrasen und zusammengesetzte Worte sind die stilistischen Hauptschuldigen, die B2B-Texte nicht besser, sondern schlechter machen. Sie sind ausgelutscht, abgenutzt, austauschbar und deshalb schlecht gestalteter Werbetext. Benutzt man sie weiter, führen sie zu Allgemeinheiten, Setzungen und Nonsens. 

Wie kommt es zur Textkrise im B2B?

Die Krise rührt nicht daher, dass Kunden mehr oder weniger lesen. Sie ist von den Auftraggebern und Schreibern selbst verursacht. In vielen Texten sprechen Unternehmen über sich selbst, aber nicht zur Zielgruppe. Präzise gesagt, steht meist nur drin, was Entscheider in den Unternehmen hören wollen. Deshalb sind viele Werbetexte für Entscheider geschrieben, nicht für Kunden. Die Einzigen, die sie gerne lesen, sind die Auftraggeber. Kommt Ihnen etwas bekannt vor, dann streichen Sie es.

Zu viele Texte im Business-to-Business Bereich gleichen sich. Falls Sie einen Text so oder ähnlich schon einmal gelesen haben, ist das kein Indiz dafür, dass Sie richtig schreiben. Es ist das Indiz für Einfallslosigkeit. Streichen Sie alles. Lesen Sie die Texte Ihrer Konkurrenz und Sie wissen, wie Sie nicht schreiben.

Branchen-Gleichheit

Achten Sie einmal darauf, wie sehr sich Wettbewerber stilistisch gleichen. Reproduzieren Sie nicht die Text- und Werbestile Ihrer Branche. Analysieren Sie die Gestaltungs-Paradigmen Ihrer Konkurrenz und weichen Sie davon ab. Abweichende Beispiele werden erinnert, weil sie auffallen. In der Folge eines solchen Paradigmenwechsels ändern sich Textperspektiven, Storys und Tonalitäten. 

Messen Sie sich mit gleichen Botschaften

Wenn sich innerhalb einer Branche die Versprechen gleichen, hebt Sie nur die Erzählung und die Story von der Konkurrenz ab. Brechen Sie aus. Das lüftet die Texte und verändert Aufmerksamkeit und Image. Die Kriterien für gute Texte sind branchenunabhängig. Es gibt keinen Textstil, den die Branche oder die Sache an sich vorschreiben.

Versprechen statt Feature und Jargon im B2B-Text

Besonders im B2B-Bereich, wo Techniker, Ingenieure, Chemiker und Spezialisten entscheiden ist der Glaube an Fach-Jargon und Features groß. Schließlich haben sie um genau dieses Feature gerungen, aber es überzeugt leider nicht, denn ein Feature formuliert kein Versprechen. Die Wirkung von Features und Versprechen unterscheiden sich. Versprechen werden länger erinnert. Features und Fachjargon drücken Kompetenz und Zugehörigkeit zu einer Branche aus, aber sie lähmen das Verständnis und die Überzeugung des Textes. Kompetenz stellt sich in erster Linie durch leicht verständliche Inhalte und überzeugende Zusammenhänge ein. „Aber der Text spricht von Fachmann zum Fachmann!“ Richtig, aber der Fachmann ist im Moment der Wahrnehmung kein anderer Mensch mit einer anderen Wahrnehmung als Zuhause auf der Couch. Ein Entscheider beispielsweise aus der Chemie-, Bank-, Telekommunikations- oder Maschinenbaubranche verhält sich beim Lesen einer Brancheninfo nicht anders als beim Lesen einer Broschüre für ein Maßhemd. Ja, er besitzt andere Prioritäten, interessiert sich für vertiefendes Wissen und liest andere Medien als Zuhause, aber er nimmt Text als Text wahr. Und wenn dieser Text schwierig verständlich, schwer lesbar und voller komplizierter Zusammenhänge ist liest er ihn nicht gerne, oder? Verklausulierte und komplizierte Texte liest niemand gerne, auch nicht wenn es ihn interessiert. In Bezug auf B2B-Zielgruppen unterscheiden sich Versprechen, Argumente und Einstellungen, nicht aber der Textstil. Fachmänner und -frauen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Kompliziertes verständlich mit emotionalen Versprechen schreiben.

Überzeugender B2B-Text wendet sich zuerst ans Herz und dann erst an den Verstand

Rationaler und abstrakter Text trifft nur die linke Gehirnhälfte. Zu viele Texte sind für die linke Gehirnhälfte geschrieben. Hier befinden sich die Gehirnregionen, die sich mit Organisieren, Planen und Analysieren beschäftigen. Die rechte Gehirnhälfte wird vernachlässigt und kommt zu kurz. Emotionaler Text trifft in die rechte Gehirnhälfte und adressiert Gefühle. In der rechten Gehirnhälfte werden Bilder, Sinneswahrnehmungen, Sprache, Personen und Erleben verarbeitet. Außerdem bleiben emotionale Formulierungen besser in Erinnerung und treffen die wahren Motive der Zielgruppe, denn Kaufentscheidungen basieren auf einem guten Bauchgefühl, auch im Business-to-Business Bereich. Generell werden Entscheidungen zuerst emotional getroffen und dann rational begründet. Das bedeutet nicht, dass rationale Argumente und Features außen vor bleiben. Es ändert sich aber die Reihenfolge: zuerst emotional dann rational schreiben. Von rational zu emotional ist der beste Paradigmenwechsel, den Werbekampagnen im B2B-Bereich vollziehen können. Schreiben Sie an beide Gehirnhälften. Das zeichnet bessere Texte aus:

  1. Adressieren Sie an die rechte Gehirnhälfte
  2. Formulieren Sie für das Bauchgefühl, nicht für den Verstand
  3. Schreiben Sie dramatisch, denn das wirkt emotional
  4. Betrachten Sie Produkt/Services aus den Augen der Zielgruppe, statt aus der Unternehmensperspektive. Was tut das Produkt für mich?
  5. Adressieren Sie an die Motive und Instinkte der Zielgruppe
  6. Erzählen Sie Geschichten, Storytelling, statt ihre Produkte nur zu beschreiben

Guter Werbetext übersetzt das Versprechen emotional

Gestaltung ist die Verpackung der Botschaft. Diese Verpackung dient der Aufmerksamkeit, der Emotionalisierung und der Merkfähigkeit. Sie trifft dabei die Motive und Einstellungen der Zielgruppe und steigert das Lesevergnügen. Guter Werbetext verpackt das Versprechen.