Der Tabubruch in der Headline
Der Tabubruch ist der maximal denkbare Konflikt. Er involviert den Betrachter und sorgt für maximale Aufmerksamkeit. Tabubrüche testen die moralischen Grenzen einer Gesellschaft und verschieben diese. Der Bruch mit Tabus ist eine starke Motivation fürs Lesen. Grenzen werden überschritten und das weckt die Aufmerksamkeit. Bitte meiden Sie nicht das Tabu, nur weil Sie glauben, dass es negativ ist und auf Widerspruch stößt. Sie vertun eine gute Chance auf eine Headline. Volkswagen schreibt in einer Rekrutierungskampagne: „Stellt Volkswagen auch Leute ein, die das Auto abschaffen wollen?“ Klasse.
Tabus finden ist ganz leicht. Man findet sie überall. Legen Sie den Finger in die Wunde und spüren Sie dem Schmerz nach. Das Magazin Stern schreibt in einer Anzeige: „Pille weg. Der Papst kommt.“ Eine Menschenrechtsorganisation schreibt gegen Folter und eröffnet mit der Headline: „Read this, you peace of shit.“ Der Fernsehkanal ZDF Info schreibt: „Fernsehen macht doof? Schau lieber noch mal genau nach.“ Tabuisierte Themen können durch Humor befreit werden. Der Eiscremehersteller Ben & Jerry’s schreibt: „Wer einmal den Löffel abgibt, bekommt ihn nicht mehr wieder.“ Der Three Sixty Wodka schreibt: „Von dieser Nacht wirst du noch deinen Enkeln nichts erzählen.“ Oder: „Nüchtern betrachtet war der Abend auch nicht besser.“ Manchmal wird es sogar komisch. Der Smoothie-Hersteller True Fruits textet für sein Getränk mit Chia Samen: „Oralverkehr – schneller kommst du nicht zum Samengenuss.“ Und: „Bei Samenstau schütteln.“ Dafür gab es in Bayern eine Abmahnung. Gratulation an Texter und Kunde! Eine Abmahnung steigert schnell die Bekanntheit. Tabubrüche haben selten einer Marke geschadet.
Die Frage in der Headline
Der nächste Trick ist eine gute Frage. Gute Geschichten werfen immer Fragen auf. Genau die Fragen, die ihre Zielgruppen wirklich interessieren. Meist sind es die unangenehmen, konkreten Fragen, die direkt zum Problem führen. Die Zielgruppe fühlt sich berührt.
Die Frage in Headlines ist ein Mittel, das involviert und den Leser zum Nachdenken anregt. Damit konfrontiert man die Zielgruppe mit relevanten Zusammenhängen und der Suche nach Antworten und Lösungen. Die Frage kann Einstellungen selektieren. Sie kann Interesse an der Branche und dem Unternehmen abfragen. Die Fragen sollten nicht allgemein, nicht floskelhaft und nicht oberflächlich sein. Bessere Fragen sind spezifisch.
Mercedes stellt auf einer weißen Seite nur die Frage; Headline: „An welches Auto denken Sie, wenn Sie ‚Taxi‘ hören?“ Nach dem Umblättern steht auf der nächsten Seite die Headline: „Danke.“ Rechts unten ist das Mercedes-Logo abgebildet. Sixt zeigt eine große dreidimensionale Nase und fragt: „Frischen Wind um die Nase? Mieten Sie ein Cabrio von Sixt.“ Die Lufthansa bildet einen Wal ab und textet: „In welcher Sprache klingt die Welt am schönsten?“ Die Lust am Reisen verdeutlicht auch folgende Frage der Lufthansa: „Hast du jemals einen Ort als Erste betreten?“ Das klingt gut. Siemens stellt die Fragen, über die Werner von Siemens nachdachte: „Warum müssen Nachrichten von Europa nach USA eine Schiffsreise machen?“ „Warum gibt es keinen Telegrafen, den jeder bedienen kann?“ Oder: „Wären Straßenbahnen nicht besser als Pferdekutschen?“ Aufgeworfene Fragen verlangen nach Antworten – und genau das ist der Grund zum Weiterlesen.
Die Zielentwicklung in der Headline
Dem Konflikt steht die Zielentwicklung gegenüber. Natürlich können Sie sich auch voll auf die Zielentwicklung und das emotionale Versprechen konzentrieren. Das Ziel bringt das Thema der Story hervor. Ziele können sein: das emotionales Versprechen oder der Nutzen. Die Metro bildet ein kleines wohlgenährtes Baby mit rundem Gesicht ab und textet: „Wenn ein Riese erwacht, sollte man gut aufs Frühstück vorbereitet sein.“ In der Subheadline steht: „Guten Morgen China! Schon bald an 100 Standorten.“ Das Versprechen ist sympathisch übersetzt. Würth Schrauben bildet einen Fixanker ab und schreibt darüber: „Wenn sie mal wieder Halt brauchen.“ Das absolute Halt wird persönlich ausgelegt. Jack Wolfskin textet: „Wir machen Jacken wie Staudämme.“ Der Nutzen der Regenjacke wird durch ein starkes Bild dramatisiert. Der Uhrenhersteller IWC Schaffhausen schreibt: „Erb gut.“ Der Wert der Uhr währt über den Tod hinweg.
Die überraschende Wendung in der Headline
Die überraschende Wendung ist ein Prinzip guter Geschichten. Die absehbare Abfolge der Ereignisse verläuft sprunghaft in eine unerwartete Richtung. Die Überraschung bezieht sich auf die plötzliche und unverhoffte Wendung der Handlung. Das führt zu einer veränderten Sicht der Dinge und legt eine neue Weise der Betrachtung frei. Mit der Wendung (ggf. Pointe) tritt ein neuer überraschender Sinnentwurf zu Tage, der unmittelbar mit dem Versprechen in Verbindung steht.
Wie findet man die überraschende Wendung? Die wichtigste Frage ist die nach dem Konstruktionsprinzip. Hier ein Rezeptbuch, wie Sie die überraschende Wendung finden:
a. Was liegt innerhalb der Erzählperspektive und wurde noch nicht erzählt?
Followfish textet: „Essen Sie das Gleiche wie unser Fisch: reine Biokost.“
b. Was liegt außerhalb der Erzählperspektive und wurde noch nicht erzählt?
Followfish schreibt: „Endlich ein Fisch, bei dem man sich nicht wie ein Schwein fühlt.“
Walden, ein Magazin von GEO, textet: „Wenn der Berg ruft: Geh ran.“
c. Gibt es einen Gedanken, der das auslösende Ereignis/den Konflikt neu deutet?
Der TV Sender DMAX schreibt: „Männer bohren nicht in der Nase. Sie streicheln ihr Gehirn.“ Mein-Haus-kriegt-Kupfer.de textet: „Nicht vergessen: Kupferrohre alle 650 Jahre auswechseln!“
d. Gibt es einen Gedanken, der das Ziel neu deutet?
SwissLife schreibt: „Ich liebe mein Haus gehört jetzt meiner Frau.“ Clausthaler hat eine ganze Kampagne danach aufgebaut und schreibt: „Die einzigen Menschen, die sich morgens über einen schönen Schädel freuen, sind Archäologen.“ Und: „Sind die besten Nächte nicht die, an die man sich erinnern kann.“ Oder: „Ist es nicht besser, morgens aufzuwachen und der One-Night-Stand ist tatsächlich schön.“ Claim: „Erfrischend nüchtern.“